Alicante
Trotz internationalem Flughafen, exclusivem Yachthafen und Touristenboom an der Costa Blanca, ist Alicante bisher noch eine spanische Stadt geblieben. Geschäftig, modern und aufgeschlossen präsentiert sie sich. 20 Uhr, 28° im Schatten in den geschäftigen Straßen der „Stadt des Lichtes“, nördlich des 38. Breitengrades. Menschenmengen drängen sich zielstrebig die Straßen entlang um Besorgungen zu machen, andere schlendern träge ziellos umher, sichtlich geschafft von der Wärme, die trotz später Stunde noch schwer in den Straßen und Gassen der Stadt hängt.
Die Figur für die Hogueras auf dem Rathausplatz wird als erste der 88 über die Stadt verteilten Figuren am 24. Juni um Mitternacht verbrannt. Im Hintergrund die Burg Santa Bárbara. In den Cafés herrscht Hochbetrieb, da ist manche Erfrischung fällig, da werden Energien getankt oder in eifrigen Debatten vergeudet. Kinder schreien, Mamas, Papas und Tanten reden durcheinander. Die älteren Stadtbewohner sitzen auf kleinen Stühlchen auf der herrschaftlichen Promenade, dem Schmuckstück der Hafenstadt und teilen sich die Ereignisse ihres beschaulichen Lebensabends mit. Sie sind wenig beeindruckt von den dicken Yachten, die vor ihren Augen im Hafen ankern oder den Kreuzfahrtschiffen, die gelegentlich hier anlegen.

Alicante @iStockphoto/Juan Vicente Muñoz de Morales Martínez
Auch die Touristen, die auf der Rambla mit der herrlichen mediteranen Pflanzenpracht unter Palmen flanieren stören sie nicht bei ihrem abendlichen Gedankenaustausch. Auch die zahlreichen weißen Tauben bemühen sich nicht den Spaziergängern auf der Esplanada de España aus dem Weg zu gehen. Zu lecker sind die Krümel aus den Heladerias, von unbeholfenen Kinderhändchen mit Freude verteilt, während die Mamas sich durch eine Horchata, ein köstliches Erdmandelmilchgetränk erfrischen. Der Blick schweift zu den Straßenkünstlern, die – entstehende Ähnlichkeiten rein zufällig – Porträts von Passanten zeichnen, malen oder karikieren, oder zu jenem, der stundenlang in der gleichen Position verharrt. Hat der nicht neulich noch in Paris gestanden? Geschäftige Spanier, trotz der Hitze korrekt in Anzügen, die Señoras in dezent farbenen Kostümen, mit wichtigen Mäppchen unter den Armen und das obligatorische Handy immer griffbereit, bahnen sich ihren Weg zwischen trödelnden, leicht bekleideten Touristen, zu ihren Geschäftsterminen.
Der Familienpark „Palmeral“, sonntägliches Ausflugsziel zum Picknick und Spielen
Die älteren Damen kehren mit ihren Strandstühlen vom breiten Stadtstrand unterhalb des wuchtigen Castillo Santa Bárbara in ihre Wohnungen zurück, um Vorbereitungen für ein üppiges Abendmahl im Kreis der Familie zu treffen. Ein Spanier bietet auf einem winzigen Verkaufswagen Mandeln, Sonnenblumenkerne und Süßholz an. Hier also schlängelt man sich unter riesigen Bananenstauden und Palmen immer an den Mimosen- und Hibiskussträuchern entlang. Rechts fröhliche junge Leute, die sich vor den Pavillons der Fastfood-Ketten zusammengefunden haben. Vorbei an dem edlen Café Valor, einer Dependance eines spanischen Schokoladenherstellers. Hier gibt es die tollsten Pralinen an der Küste! Und mit heißer Schokoladensoße bei den Churros und Profiterolles wird nicht gespart! Man passiert das Spielcasino. Wer zuviel Geld hat, kann es hier loswerden, oder wenn er nicht verspielt, nebenan in den vielen benachbarten Restaurants kulinarisch anlegen. Weiter geht’s auf dem Wellenmosaik der Promenade, die aus ca. sechs Millionen Marmorfliesen bestehen soll, vorbei an der Musikmuschel, bis zum Ende. Die Düfte von Oleander, Jasmin, Solandras und unzähligen anderen Blüten konkurrieren hier. Kleine Büdchen von Kunsthandwerkern haben sich hier am Ende der Flaniermeile etabliert. An der Plaza Canalejas schließt sich eine weitere, weit weniger belebte Promenade an. Die jahrhundertealten Gummibäume wirken wie aus einer anderen Welt. Sie spenden den hier dringend nötigen Schatten und sind eine wahre Oase in der hitzigen Stadt. Zur linken Seite immer noch der Hafenbereich mit der Lonja, der alten Fischauktionshalle, die jetzt zu einem exquisiten Ausstellungsraum für nationale und internationale Kunst umgestaltet wurde. Im Juni werden hier die Modelle der Ninots, der riesigen Figuren, die anlässlich der Hogueras entstehen und sich zum großen Teil satirisch mit aktuellen Ereignissen oder öffentlichen Personen auseinandersetzen, ausgestellt und prämiert, um dann in der Johannisnacht, am 24. Juni, verbrannt zu werden. Nur die beste Figur überlebt und kommt in ein Museum. Ein riesiges Volksfest, wie es die Spanier lieben – eine ganze Woche lang wird in den Straßen gefeiert.
Prächtige Bauten bestaunt man beim Flanieren auf der beeindruckenden Esplanada
Schräg gegenüber befinden sich die Ausstellungsräume der CAM, einem der größten Kultursponsoren Spaniens. Auch hier gibt es für Kunstfreunde ein recht abwechslungsreiches Angebot. Es lohnt sich immer mal reinzuschauen. Dann aber taucht man ein in das quirlige Gewühl der Geschäftsstraßen, in die prächtige Avenida Dtor. Gadea und die zahlreichen kleinen Gässchen, die eine Vielzahl von Läden zu bieten haben.
Der Chiringuito am stadtnahen Strand lädt zu Erfrischungen ein und ist auch nachts ein gefragter Treffpunkt
Beste Reisezeit:
Das ganze Jahr. Besonderer Termin: die Hogueras vom 20. bis 24. Juni
Text: Edwine Bollmann