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Kreuzfahrten – Diese Fakten sollten Sie kennen

Kreuzfahrten erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Die verschiedenen Veranstalter locken daher mit riesigen Schiffen und spektakulären Vergnügungsmöglichkeiten an Bord. Auch die Routen versprechen einen traumhaften Urlaub: Einen Tag Venedig, dann quer über die Adria nach Trieste – da wird bei dem ein oder anderen ganz schnell das Fernweh wach. Doch der Urlaub auf dem Meer bringt auch Schattenseiten mit sich: Diese treffen vor allem Umwelt, Klima und Küstenbewohner. Um eine wirklich informierte Entscheidung über den nächsten Urlaub treffen zu können, sollte daher jeder die folgenden Fakten kennen. Dabei sollen nicht nur die Nachteile von Kreuzfahrten aufgezählt werden, sondern es werden auch Möglichkeiten aufgezeigt, diese negativen Effekte zu minimieren.

Kreuzfahrten

Kreuzfahrten ©iStockphoto/SlidePix

Kreuzfahrten und Schadstoffe: Ein Kreuzfahrtschiff = Fünf Millionen PKW

Fährt ein Kreuzfahrtschiff auf offener See über eine Distanz von einem Kilometer werden dabei genauso viele Schadstoffe freigesetzt wie wenn fünf Millionen Autos dieselbe Strecke an Land zurücklegen. Der Grund dafür liegt im besonders umweltschädlichen Schweröl als Kraftstoff. Dabei handelt es sich um ein Abfallprodukt aus der Petrochemie-Industrie, das rund 3.500-mal so viel Schwefel enthält wie auf deutschen Straßen zugelassener Kraftstoff. Pro Tag verbraucht ein Kreuzfahrtschiff im Schnitt rund 150 Liter Schweröl. Dies wird zum einen für die Tierwelt zum Problem. Denn es entsteht ein Ölfilm, der sich auf dem Meer verteilt und für Vögel beispielsweise eine tödliche Gefahr darstellt.

Aber auch die Passagiere an Bord sind betroffen. So haben Recherchen eines französischen Fernsehsender ergeben, dass die Partikelbelastung der Luft auf einem Kreuzfahrtschiff rund 200 mal höher ist als in der Natur. Die Reiseveranstalter gaben zwar an, diesen Wert nicht nachvollziehen zu können. Doch klar ist: Die Vorschriften zur Abgasreinigung sind auf dem Meer deutlich geringer als an Land. So ist anders als bei Autos kein Rußpartikelfilter vorgeschrieben. Für bestimmte Schadstoffe wie Ruß oder Feinstaub gibt es zudem noch gar keine Grenzwerte.

Kreuzfahrten: Schiffsabgase führen zu 50.000 Todesfällen jährlich

Aber nicht nur auf dem Meer ist die Luft ungewöhnlich stark belastet. Dasselbe Problem tritt auch in vielen Hafenstädten auf. Dort wurden durch den Naturschutzbung Nabu bereits Belastungen gemessen, die um das fünfzig- bis achtzigfache über den Werten von viel befahrenen Straßen lagen. Dies wird auf Dauer zum Problem. Denn die Feinstaubbelastung kann zu Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems und der Atemwege führen. Die Organisation Greenpeace kam daher in einer Studie zu dem Ergebnis, dass sich alleine in Europa rund 50.000 Todesfälle jährlich auf die Abgase von Schiffen zurückführen lassen.

Dabei gibt es zumindest im Hamburger Hafen bereits eine recht simple Möglichkeit, die Schadstoffbelastung zu reduzieren. Dort können die Kreuzfahrtschiffe während ihres Aufenthalts an das Stromnetz angeschlossen werden – was für deutlich weniger Emissionen sorgt. Allerdings verzichten viele Gesellschaften darauf, weil ihnen der notwendige Umbau an Bord zu teuer ist. Außerdem muss der Strom natürlich bezahlt werden – und ist teurer als der ansonsten verfeuerte Diesel. Umweltverbände fordern daher seit langem, dass die Versorgung mit Landstrom zur Pflicht gemacht wird. Einige Anbieter nutzen aber bereits jetzt freiwillig diese Option und verbessern so die Klima- und Umweltbilanz ihrer Schiffe enorm.

Kreuzfahrtschiffe im Hafen benötigen extrem viel Energie

Auch wenn sich das Schiff gar nicht vorwärts bewegt, muss der Betrieb an Bord natürlich weiter laufen. Dafür wird aber extrem viel Energie benötigt. Experten sprechen davon, dass der Energieverbrauch eines Kreuzfahrtschiffs in etwa dem Bedarf einer Kleinstadt entspricht. Zwar darf dafür in den Häfen selbst kein Schweröl verbrannt werden, dafür kommt aber – wie eben geschildet – in der Regel Diesel zum Einsatz. Daraus ergibt sich dann die hohe Schadstoffbelastung in vielen Hafenstädten. Projekte, um den Energieverbrauch an Bord zu senken, scheitern aber oftmals daran, dass der Diesel zu billig ist.

Selbst wenn die Kreuzfahrtschiffe Landstrom nutzen können und wollen, ist dies nicht unproblematisch. Denn nur wenn dabei zu einhundert Prozent Ökostrom genutzt wird, ist der Vorgang wirklich emissionsfrei. Andernfalls werden die Emissionen schlicht verlagert. Im Extremfall kann es beispielsweise passieren, dass das Schiff selbst keinen Diesel im Hafen verbrennt – dafür aber Strom aus einem Kohlekraftwerk nutzt. Die Klimaemissionen würden dann etwa in Hamburg nicht im Hafen direkt verursacht, sondern im umstrittenen Kohlekraftwerk Moorburg. Viel gewonnen wäre dadurch aber natürlich nicht. In vielen Häfen besteht zudem gar nicht erst die Option, Landstrom zu nutzen.

Einheimische profitieren von Kreuzfahrten nur bedingt

Neben der hohen Schadstoffbelastung in den Hafenstädten gibt es zudem noch eine weitere Problematik: Die Bewohner der Küstenstädte profitieren von den Landgängen nur wenig. Denn während bei normalen Urlauben etwa Übernachtungen und Restaurantbesuche dazugehören, fällt dieser Punkt bei Kreuzfahrt-Touristen weg. Viele Unternehmungen an Land werden zudem von den Anbietern direkt vermarktet. Somit bleibt auch in diesem Punkt ein Großteil des Gewinns nicht in den Hafenstädten. Dafür allerdings sind gerade in kleineren Städten die Straßen oft verstopft – was es wiederum erschwert andere Touristen anzulocken. Kritiker sprechen daher davon, dass die Schäden sozialisiert werden, während die Gewinne bei den Schiffsbetreibern verbucht werden.

Ein weiterer Punkt spielt in diesem Zusammenhang eine Rolle: Viele Schiffe wurden ausgeflaggt. Sie fahren also nicht etwa unter deutscher oder italienischer Flagge, sondern suchen sich immer die Flagge mit den niedrigsten Steuerpflichten und den wenigsten Sozialvorschriften. Für die Mitarbeiter an Bord bedeutet dies: Niedrige Bezahlung und extrem lange Arbeitszeiten. Dies gilt immer noch, auch wenn inzwischen internationale Mindeststandards vereinbart wurden. Viele Jobs, bei denen kein Kundenkontakt notwendig ist, werden zudem nicht mehr von Arbeitern aus den Anrainerstaaten übernommen, sondern es wird weltweit nach günstigen Arbeitskräften gesucht. Auch in diesem Punkt profitieren die Menschen in den Küstenstädten also nur bedingt.

So kann die Kreuzfahrt nachhaltiger werden

a) Die Auswahl des richtigen Schiffs: Der Naturschutzbund Nabu hat sich sämtliche in Europa verkehrenden Kreuzfahrtschiffe näher angeschaut. Das Ergebnis ist vernichtend: Kein Schiff „ist aus Umwelt- und Gesundheitssicht derzeit uneingeschränkt empfehlenswert“, so die Experten. Allerdings wurde zumindest eine Liste mit den am wenigsten schädlichen Schiffen zusammengestellt. Daran können sich Kunden bei der Buchung orientieren – und so die Anbieter mit den größten Bemühungen belohnen.

b) Die gesetzliche Regulierung schreitet voran: Zwar ist die Schifffahrtsbranche vom Weltklimavertrag ausgenommen, die Vorschriften werden aber doch immer strenger. So werden immer mehr Emissionskontrollgebiete ausgewiesen. In denen darf bereits heute kein Schweröl mehr verwendet werden. Ab 2020 gilt dann: Der Schwefelgehalt in Schiffskraftstoff muss auf unter 0,5 Prozent sinken. Spätestens dann darf nur noch Schiffsdiesel verwendet werden.

c) Mit wahren Preisen kalkulieren: Das Umweltbundesamt fordert bereits seit einiger Zeit für Kreuzfahrten ein zweites Preisschild zu etablieren. Dort soll dann zu sehen sein, wie viele Kosten für die Allgemeinheit verursacht werden. Bisher konnte diese Reform noch nicht durchgeführt werden. Kunden können sich aber bei Umweltorganisationen informieren.

d) Die Klimaemissionen ausgleichen: Gegen die Schadstoffbelastung in der Luft können die Besucher eines Kreuzfahrtschiffs nichts tun. Die Klimaemissionen können aber relativ einfach ausgeglichen werden. Anbieter wie atmosfair ermöglichen es, online Geld in Ausgleichsprojekte zu investieren. Dafür werden dann an anderer Stelle Emissionen eingespart. Optimal ist auch dies nicht, aber zumindest deutlich besser als gar nicht zu tun.

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