Cuenca – Moderne Kunst in hängenden Häusern
Das Universitätsstädtchen ist eingebettet in eine grüne, hügelige Landschaft mit Sonnenblumenfeldern soweit das Auge reicht. Unser Zimmer in der historischen Posada mit den verwinckelten Fluren am Fuße der Altstadt ist unwesentlich größer als eine Besenkammer. So ist das in Cuenca, wenn man spontan eine Unterkunft sucht.
Der Ort ist gut besucht. Aber wir kamen ja nicht wegen eines Luxusappartements sondern wegen der Casas Colgadas, der hängenden Häuser aus dem 15. Jahrhundert in der Altstadt von Cuenca, die 1996 zum Weltkulturerbe erklärt wurden. Die Altstadt liegt auf einem Felsplateau, hoch über den malerischen Schluchten der Flüsse Huécar und Júcar. Begibt man sich den Spazierweg am Huécar entlang, entdeckt man die berühmten Häuser linker Hand am Berg hängend, die pittoresken Holzbalkone über der Schlucht schwebend. Drei hängende Häuser sind übrig geblieben von vielen. Sie sind hervorragend restauriert worden und beherbergen heute ein Restaurant sowie seit 1966 eine spektakuläre Sammlung abstrakter spanischer Kunst, die auf verschiedenen Ebenen effektvoll präsentiert wird. Namen wie Antoni Tàpies, Eduardo Chillida oder Pablo Serrano geben der Sammlung Glanz und man kann amüsiert betrachten, wie Antonio Saura Brigitte Bardot 1959 gesehen hat. Antonio Saura war es auch, der in Cuenca in den Jahren 1965 und 1967 von sich reden machte und hunderte seiner Werke zerstörte und nachdem er in aller Welt tätig war, 1998 in Cuenca starb.
Von der Brücke, die sich über die Schlucht des Huécar zum gegenüberliegenden ehemaligen Kloster San Pablo spannt, hat man einen eindrucksvollen Blick auf die Altstadt. Hinter den trutzigen Mauern des Klosters aus dem 16. Jahrhundert residiert heute ein Parador-Hotel. Diese Hotelkette ist bekannt dafür, dass sie immer an ausgesprochen schönen historischen Orten ihre Hotels etabliert und sie ist weiterhin bekannt dafür, dass sie mit viel Raffinesse ihren Gästen die jeweils regionale Küche offeriert. Hier kann man also in stilvollem Ambiente authentisch tafeln. Den Spazierweg weiter bergan erreicht man die hängenden Häuser und schlendert fortan durch die Gassen der Altstadt, um unweigerlich auf der Plaza Mayor, dem Mittelpunkt aller Geschäftigkeit zu landen. Hier konkurrieren die Kathedrale und das Rathaus um die Blicke der Betrachter. Die Kathedrale mit ihrer beeindruckenden Hauptfassade mit drei Toren stammt aus dem 12. Jahrhundert und ist Grabstätte der ersten Bischöfe von Cuenca. Ursprünglich gothisch, hat sich im Laufe der Jahrhunderte eine Mischung verschiedener Baustile ergeben. Besondere Aufmerksamkeit verdienen auch die schmiedeeisernen Gitter aus der so genannten Schule von Cuenca. Am anderen Ende begrenzt das Rathaus aus dem 18. Jahrhundert die Plaza Mayor, ebenfalls mit drei Torbögen. Gesäumt wird der Platz von zahlreichen Cafés, Restaurants und Souvenirläden. Zur Karwoche, in der traditionell die sehens- und erlebenswerten Prozessionen der verschiedenen Bruderschaften stattfinden, wird auch die Woche der religiösen Musik gefeiert, die in den Kirchen und Klöstern der Altstadt ihre Schauplätze findet und ein internationales Publikum anlockt.

Cuenca @iStockphoto/Alan Crawford
Unweit der Plaza Mayor befinden sich diverse Sakralbauten, beispielsweise der Bischofspalast, in dem das Diözesanmuseum untergebracht ist. Neben Gemälden und Goldschmiedearbeiten werden hier auch Teppiche und Webarbeiten aus dem 15. bis 18. Jahrhundert, der Blütezeit Cuencas, das damals durch seine Webereien zu Reichtum gelangte, gezeigt. Gleich nebenan residiert das Archäologische Museum. Schlendert man von der Kathedrale durch die Gasse Julián Romeo Richtung Burg, trifft man hier im historischen Herzen der Stadt auf die Posada de San José, ein Haus aus dem 17. Jahrhundert mit wundervollem Portal, authentisch renoviert. Eine romantische Unterkunft mit fantastischem Blick über die Schlucht des Huécar. Die Gasse schlängelt sich, an Kirchen und Klöstern – darunter das Karmeliterkloster Descalzas mit einer hervorragenden Sammlung moderner Kunst – vorbei, weiter hoch zum Burggelänge, einer einst uneinnehmbaren Festung, von der nur noch wenige Fragmente erhalten sind. Malerische Restaurants laden hier zum Verweilen ein und auch die kleine Touristenbahn, mit der man die Sehenswürdigkeiten Cuencas ganz en passent in etwa 50 Minuten in Augenschein nehmen kann, hat hier ihren Endbahnhof.
Ausflugstipp: Ungefähr 30 Kilometer nördlich von Cuenca, in der Serrania de Cuenca, einer lieblichen grünen Landschaft mit bizarr geformten Felsformationen – ganz gegensätzlich zum südlicheren Teil der Provinz La Mancha, die entlang der Ruta de Don Quichote eher flach und karg anmutet – liegt der Naturpark Ciudad Encantada, die verzauberte Stadt. Für eine geringe Eintrittsgebühr begibt man sich auf einen etwa 2-stündigen Rundkurs durch beeindruckende Kalkfelsenformationen, die in jahrhundertelangen Prozessen von Wind und Wasser zu interessanten Formen geschliffen wurden. In der Deutung sind der Fantasie des Betrachters keine Grenzen gesetzt. Wer keine eigenen Intuitionen hat, kann sich an Namen wie „El Perro“ – der Hund, „Cara de Hombre“ – Gesicht eines Mannes, „Los Barcos“ – die Schiffe oder „Puente Romano“ – römische Brücke, orientieren. Neben den eher großformatigen Ansichten, sollte man aber auch die hier herrschende Pflanzenvielfalt beachten. Ganz unterschiedliche Diestelarten, Gräser oder Moose sind wunderbare Eyecatcher und ganz unverhofft blickt man dann vielleicht auch einer Eidechse tief in die Augen.